Nachhal­tiges Bauen braucht Monitoring

von Andreas Rödel | 21.06.2024 | Abdich­tungen

Nachhal­tiges Bauen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sind die verwen­deten natür­lichen Baustoffe eines Gebäudes als Folge eines nicht richtig funktio­nie­renden oder durch unerkannte Einwir­kungen geschä­digten Feuch­te­schutzes unplan­mäßig Nässe und Feuch­tigkeit ausge­setzt sind, kommt es zwangs­läufig zu tiefgrei­fenden zu Schäden an der Bausub­stanz. Wertvolle Ressourcen gehen vorzeitig verloren.

Die Zahl derar­tiger Fälle steigt aktuell stark an. Insbe­sondere im großvo­lu­migen Holzbau kommt es dabei zu teils drama­ti­schen Schadens­fällen. Es gilt die einfache Formel: Je länger die Feuch­tigkeit einwirkt und je größer das Bauwerk, das von dem Ereignis betroffen ist, desto größer die Schäden. Verstärkt wird diese Entwicklung durch den zuneh­menden Trend zur Nutzung von Flach­dä­chern für extensive und mehr und mehr auch intensive Begrü­nungen, für Dachter­rassen, für Fotovoltaik und nun auch zur Speicherung von Regen­wasser. Moderne, d.h. genutzte Flach­dächer können damit praktisch gar nicht mehr, wie früher, von der Sicht­seite des Daches aus inspi­ziert werden. Gleich­zeitig verbleibt das Nieder­schlag­wasser bei sogenannten Reten­si­ons­dä­chern immer länger auf den Dachflächen. Schon bei kleinen Beschä­di­gungen dringen damit immer schneller immer größere Wasser­mengen in die Konstruktion ein und schädigen das Bauwerk.

Hochwertig genutzte Dachflächen einer DGNB-zerti­fi­zierten Gewer­be­im­mo­bilie — Die Abdich­tungs­flächen sind visuell nicht mehr prüfbar — auch Dicht­heits­prüfung und Lecka­ge­suche ist aufgrund der Nutzung von der Sicht­seite her nicht möglich

Wie kann aber ein Gebäude nachhaltig sein, wenn es bereits nach kurzer Zeit infolge nicht oder zu spät bemerkter Feuch­te­schäden erheb­liche Substanz­ver­luste erleidet? Und wie kann ein Gebäude nachhaltig sein, bei dem spätestens mit dem Ende der werkstoff­lichen Lebens­dauer der Abdich­tungen in 30 oder 40 Jahren genau dieses Szenario unaus­weichlich eintritt?

Ist es also nachhaltig, verant­wor­tungs­be­wusst und zukunfts­ge­wandt, wenn wir uns und vor allem die nachfol­genden Genera­tionen bei unseren ökolo­gi­schen Gebäuden sehenden Auges der großen Gefahr aussetzen, dass sie schon in wenigen Jahren, mit Sicherheit aber irgendwann in den nächsten Jahrzehnten abgerissen oder zumindest umfang­reich saniert werden müssen, weil Nässe und Feuch­tigkeit unbemerkt schwere Schäden angerichtet haben? Und viel wichtiger: Gibt es einen Ansatz, mit dem diese Gefahr wirkungsvoll gebannt werden kann?

Mit Echtzeit­mo­ni­toring werden Leckagen unmit­telbar erkannt, wenn Wasser in den Aufbau eindringt – auch die Besei­tigung der Leckage ist im Zeitablauf deutlich zu erkennen.

Ja. Will man vermeiden, was in den ersten Absätzen beschrieben wurde, werden vordringlich zwei Dinge benötigt: Präzise, das heißt richtige, aktuelle, vollständige und zuver­lässige Infor­ma­tionen über den Zustand des Feuch­te­schutzes eines Gebäudes und die Bereit­schaft, Erkennt­nisse, die aufgrund dieser Infor­ma­tionen erlangt werden, in recht­zei­tiges und planmä­ßiges Handeln umzusetzen.

Tatsächlich führen die beschrie­benen Trends des ökolo­gi­schen Bauens, nämlich die zuneh­mende Verwendung von feuch­te­sen­siblen Baustoffen, wie z.B. Holz, und des zunehmend unzugänglich und unsicht­baren Verlegens der für den Feuch­te­schutz so wichtigen Abdich­tungen unterhalb von immer mächti­geren Nutzschichten dazu, dass die Qualität der konven­tionell verfüg­baren Infor­ma­tionen über den Zustand des Feuch­te­schutzes eines Gebäudes tenden­ziell immer schlechter wird – und zwar so schlecht, dass sie ein recht­zei­tiges und planmä­ßiges Handeln, dort wo Handlungs­bedarf besteht, unmöglich machen.

Echtzeit­mo­ni­to­rings­systeme mit Electric-Field-Tomografie (EFT) ermög­lichen eine automa­ti­sierte Daten­analyse und liefern präzise Infor­ma­tionen über die Lecka­ge­postion – Repara­turen können schnell und zielge­richtet vorge­nommen werden.

Diese Zusam­men­hänge sind nicht neu. Bereits im „Ersten Bauscha­dens­be­richt“ des Bundes­bau­mi­nis­te­riums von 1995 wurde ausführlich dargelegt, dass vermeidbare Bauwerks­schäden nur zu vermeiden sind, wenn der Infor­ma­ti­ons­stand über den Zustand des Feuch­te­schutzes von Gebäuden durch den Einsatz geeig­neter Überwa­chungs­systeme, heute als Monito­ring­systeme bezeichnet, verbessert wird. Dies wurde mit dem Appell verbunden, die öffent­liche Förderung von Bauvor­haben davon abhängig zu machen, dass solche Systeme entwi­ckelt und in der Praxis einge­setzt werden. War der Appell damals vor allem ökono­misch begründet, so erhält er in Anbetracht der aktuellen Nachhal­tig­keits- und Ressour­cen­dis­kussion und im Angesicht der aktuellen ökolo­gi­schen an Nachhal­tigkeit orien­tierten Bautrends eine deutlich größere Bedeutung und Aktua­lität. Es ist damit kaum nachvoll­ziehbar und es erscheint mit Blick auf die gezeigten Zusam­men­hänge auch als wenig verant­wor­tungs­be­wusst, wenn bis heute das Gros der Flach­dächer von den als nachhaltig dekla­rierten Neubauten ohne jegliche Vorrich­tungen zur Überwa­chung des Feuch­te­schutzes errichtet werden, obwohl es, anders als 1995, nunmehr seit Jahren praxis­be­währte Echtzeit­mo­ni­to­ring­systeme für diese Aufgabe gibt, mit denen Abdich­tungs­schäden jederzeit erkannt und automa­tisch geortet werden, auch da, wo man sonst nicht hinschauen kann. Solche Systeme kosten Geld. Sie nicht zu verwenden, kostet langfristig betrachtet sehr viel mehr Geld.